Das “Blausäure-Märchen“
Für den Hund und seine Gesundheit bietet die Zufütterung von Leinsamen oder Leinöl viele Vorteile. Die wertvollen Inhaltsstoffe unterstützen das Tier z.B. effektiv beim Fellwechsel; sie sorgen für eine geschmeidige Haut und glänzendes Fell. Leinsamen enthält zudem hohe Gehalte an Schleim- und Quellstoffen, die die Darmbewegungen des Hundes gezielt anregen, seine Verdauung unterstützen und die Kotkonsistenz optimieren.
So unbestritten die positiven Wirkungen von Leinsamen sind, so hartnäckig halten sich aber auch die Befürchtungen, dass eine regelmäßige Verfütterung an den Hund mögliche Gefahren einer Blausäure-Vergiftung mit sich bringt. Vermutlich resultieren die Unsicherheiten aus dem vielzitierten “Vergiftungsfall“ bei Pferden Ende des 19. Jahrhunderts. Diese Vergiftungen jedoch wurden nicht durch blausäurespaltende Glykoside verursacht, sondern durch die Verfütterung von verdorbenem Leinsamen, der Schimmelpilze enthielt.
Leinsamen enthält per se keine reine Blausäure. Geringe Mengen Blausäure entstehen vielmehr erst beim Abbau sogenannter cyanogener Glucoside, die, außer in Leinsamen auch in vielen anderen Pflanzen vorhanden sind. Im Leinsamen selbst ist das enthaltene Enzym Linamarase für die Abspaltung von Blausäure verantwortlich. Damit dieses Enzym überhaupt messbare Mengen von Blausäure freisetzen kann, müssten verschiedene ungünstige Faktoren zusammentreffen. Zum einen bedarf es einer größeren Mengen mehlfein gemahlenen Leinsamens (300 g und mehr). Diese müssten im Magen des Hundes auf einen pH-Wert zwischen 4 und 6 treffen, wo das Enzym dann über 4 Stunden “ungestört” Blausäure abspalten könnte. In der Praxis jedoch wird im sauren Milieu des Magens das “Spalt-Enzym” großenteils unschädlich gemacht und Restmengen an freigesetzter Blausäure durch die körpereigenen Mechanismen des Hundes deaktiviert.
Bis heute sind bei Daueranwendung von Leinsamen in der Hundeernährung keine gesundheitsschädigenden Nebenwirkungen bekannt geworden und auch in Zukunft nicht zu erwarten.